Zener-Karten in der Parapsychologie

Obwohl es offensichtlich sehr schwierig ist, Präkognition unter Laborbedingungen nachzuweisen, wurden auch quantitative Experimente durchgeführt. Zu einem großen Teil basieren diese auf den Zener-Karten, welche vom amerikanischen Parapsychologen Joseph B. Rhine (1895 – 1980) in den 1920er Jahren entwickelt wurden.[i] Ursprünglich sollte mit dieser Versuchsanordnung das Phänomen der Hellsichtigkeit erhellt werden. Doch schon bald wurden die Versuche ausgedehnt auf Telepathie und Präkognition.

Das Zener-Set besteht aus 25 Karten, wobei jeweils fünf davon dasselbe Symbol tragen. Wie folgende Abbildung zeigt handelt es sich dabei um die Symbole Kreis, Kreuz, Wellenlinien, Viereck und Stern. Im Original-Experiment sollten die Testpersonen pro Versuchsserie 800 Mal versuchen, das Zeichen einer per Zufallsautomat gewählten Karte zu erraten. Die statistische Wahrscheinlichkeit für einen Treffer lag bei 1:5. Tatsächlich wurden im Schnitt aber 6,5 von 25 Karten richtig erraten, also deutlich mehr als zu erwarten gewesen wären. Dabei war die Streuung der einzelnen Versuchspersonen um diesen Mittelwert erheblich. Ein besonders begabter Mann schaffte auch bei mehrmaliger Wiederholung der Serie einen Schnitt von 10:25. Einmal gelang es ihm sogar, alle 25 Karten richtig zu nennen. Die statistische Wahrscheinlichkeit, dass dies mit dem Zufall erklärt werden kann, ist sehr gering.

Zener_Karten_RhineZener-Karten nach Joseph B. Rhines

In der Folge wurde die räumliche Distanz zwischen Experimentator und Versuchsperson von wenigen Metern auf bis zu 4000 Meilen ausgedehnt. Das Resultat wurde dadurch nicht beeinträchtigt. Offensichtlich spielte die Entfernung bei der Hellsichtigkeit keine Rolle. Schließlich wollte man untersuchen, ob die Ergebnisse auch von der Zeit unabhängig sind. Bei der entsprechenden Versuchsanordnung wurde den Testpersonen die Aufgabe gestellt, eine Kartenserie zu erraten, welche erst in der Zukunft gelegt werden würde. Die zeitliche Distanz zwischen Vorhersage und Ziehen der Karten wurde von wenigen Minuten auf bis zu zwei Wochen ausgedehnt. Auch diese Experimente bestätigten die Existenz von Präkognition signifikant mit einer Zufallswahrscheinlichkeit von 1 : 400 000.[ii]

Interessant war dabei, dass positive Resultate stark von optimistischen Erwartungen und Hoffnungen der Testpersonen begünstigt wurden, während skeptische Testpersonen deutlich schlechtere Ergebnisse erzielten.[iii] Zudem war es auffällig, dass in den jeweils ersten Versuchsreihen meist die besten Ergebnisse erzielt werden konnten. Dies erklärte Rhine mit dem Abnutzungseffekt. Je öfter eine Testperson dieses monotone Experiment mitmachte, desto mehr wurde es Routine. Die Aufmerksamkeit sank und die Ergebnisse verschlechterten sich. Auch hier spielte offensichtlich das Vorhandensein eines gefühlsgeladenen, affektiven Feldes eine wesentliche Rolle. Je mehr das Experiment zur Routine wurde, desto mehr verflüchtigte sich der Präkognitionseffekt.

Die Ergebnisse wurden vom „Amerikanischen Institut für mathematische Statistik“ als statistisch einwandfrei bezeichnet mit dem Zusatz: „Wenn die Forschungen Rhines sachlich angegriffen werden sollten, so muss dieser Angriff vom Nicht-Mathematischen ausgehen.“[iv] So sorgten die Rhine-Experimente bald für Furore. Viele parapsychologische Institute replizierten die Versuche, ebenfalls mit signifikanten Ergebnissen. Doch auch diese hatten allesamt das Problem, dass nach anfänglichen, erstaunlichen Erfolgen ein Gewöhnungseffekt eintrat und irgendwann die positiven Ergebnisse vollkommen ausblieben. Präkognition ist also nicht beliebig wiederholbar.[v]

FUSSNOTEN

[i] Rhine (1950)
[ii] Jung (1976), S. 558
[iii] Jung (1976), S. 564
[iv] Bender (1986), S. 24
[v] Bender (1972), S. 18

LITERATUR

Bender, Hans (1972) Telepathie, Hellsehen und Psychokinese, München: Piper Verlag

Bender, Hans (1986) Zukunftsvisionen, Kriegsprophezeiungen, Sterbeerlebnisse, München: Piper Verlag

Jung, Carl Gustav (1976) Die Dynamik des Unbewußten, Olten und Freiburg im Breisgau: Walter Verlag

Rhine, Joseph B. (1950) Die Reichweite des menschlichen Geistes – Parapsychologische Experimente, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt

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Niederwieser, Christof (2015) Prognostik 01: Zukunftsvisionen, Norderstedt: BoD – Books on Demand, S. 67ff

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