Die Rückkehr der Weißen Götter bei den Hopi

Hopi-Tanz (Foto von John K. Hillers 1879)

Lange Jahrhunderte hatten die Hopi-Indianer, ein Pueblo-Stamm im nordöstlichen Arizona, ihre alten Legenden vor den Weißen geheim gehalten. Denn erst wenn eine Kürbisschale voller Asche vom Himmel fällt und alles in einem großen Gebiet zum Kochen bringt, wäre die Zeit gekommen, die alten Prophezeiungen öffentlich zu verkünden. Die Atombomben von Hiroshima und Nagasaki wurden von den religiösen Führern der Hopi als Erfüllung dieses Omens interpretiert, und so entschlossen sie sich im Jahr 1947 zur Veröffentlichung.[i]

Ihr Mythos erzählt, wie sich einst der ältere Bruder des Häuptlings und sein Clan Richtung Osten aufgemacht haben, um dort mit ihrer Stirn die aufgehende Sonne zu berühren. Sie gelobten, eines Tages zurückzukommen. Während ihrer Reise zur Sonne wurde ihre Haut weiß.[ii] Deshalb glaubten auch manche Hopi anfangs, dass es sich bei den eindringenden Europäern um die Rückkehr des älteren weißen Bruders (Bahana) handeln könnte. Doch schon bald stellten sie fest, dass diese nicht Bahana waren, sondern stattdessen jene fremde Rasse, welche laut einem anderen Mythos erscheinen würde, um das Land der Hopi für sich zu beanspruchen. Dies war für die Hopi das erste Omen für die nahende Endzeit. 1958 erzählte Häuptling Weiße Feder vom Clan des Bären die Legende angeblich folgendermaßen:

„Die vierte Welt wird bald enden, und die fünfte Welt wird beginnen. Das wissen die Ältesten überall. Die Zeichen haben sich über viele Jahre erfüllt und nur wenige sind geblieben.

Das ist das erste Zeichen: Uns wurde berichtet vom Kommen weißhäutiger Menschen, Menschen, die das Land, was nicht ihres war, nahmen, die ihre Tiere mit Donner erschlugen.

Das ist das zweite Zeichen: Unsere Länder werden das Kommen drehender Räder, gefüllt mit Stimmen, sehen.

Das ist das dritte Zeichen: Ein starkes Vieh wie ein Büffel mit großen, langen Hörnern wird das Land in großer Zahl überrennen.

Das ist das vierte Zeichen: Das Land wird durchzogen von Schlangen aus Eisen.

Das ist das fünfte Zeichen: Das Land wird kreuz und quer durchzogen von einem gigantischen Spinnennetz.

Das ist das sechste Zeichen: Das Land wird kreuz und quer durchzogen mit Flüssen aus Stein, die Bilder in der Sonne machen.

Das ist das siebte Zeichen: Ihr werdet hören, dass die See sich schwarz färbt und viele lebende Wesen sterben deswegen.

Das ist das achte Zeichen: Ihr werdet viele Junge sehen, die ihr Haar lang tragen wie unsere Leute, die kommen und sich mit den Eingeborenen treffen, um unsere Weisheit und unsere Lebensweise zu lernen.

Und das ist das neunte und letzte Zeichen: Ihr werdet von einem Haus im Himmel hören, über der Erde, das mit einem großen Knall zur Erde fällt. Es wird als ein blauer Stern erscheinen. Sehr bald danach werden die Zeremonien der Hopi verschwinden. Das sind die Zeichen, dass die große Zerstörung nahe ist.“[iii]

Es gibt noch viele weitere Hopi-Prophezeiungen, von Naturkatastrophen, von moralischem Zerfall, von drei großen Weltkriegen und ähnlichen bösen Omina. So eindrucksvoll all diese Vorhersagen auch scheinen mögen, gibt es damit doch ein wesentliches Problem. Die Hopi haben niemals eine Schrift gekannt. All diese Prophezeiungen wurden nur mündlich weitergegeben. Es gibt somit keine Belege für die Existenz all dieser Prognosen aus der Zeit vor ihrem Eintreffen.

Während man also in der Esoterikszene bereits mutmaßt, dass es sich beim Haus im Himmel um eine Raumstation handeln könnte, sind Ethnologen skeptisch. Diese vermuten eher, dass der Mythos vom älteren weißen Bruder erst nach dem Zusammentreffen mit den Europäern entstanden ist, um diese Ereignisse zu verarbeiten. Ähnliches gilt für die anderen Zeichen des drohenden Weltuntergangs. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich zumindest bei manchen der Hopi-Prophezeiungen tatsächlich um präkolumbianische Überlieferungen handelt, doch es fällt auf, dass all die Voraussagen erst dokumentiert wurden, nachdem sie bereits eingetroffen waren. Es handelt sich also um typische Prophezeiungen im Nachhinein.

FUSSNOTEN

[i] Kaiser (1989), S. 19
[ii] Geertz (1992), S. 385f
[iii] Laut zahlreichen Internet-Quellen entstammt diese oftmals zitierte Prophezeiung Frank Waters (1980). Trotz ausgiebiger Recherchen konnte ich es dort jedoch nicht auffinden. Dies scheint mir symptomatisch für viele spektakuläre Prophezeiungen. Sie verbreiten sich durch unkritisches Abschreiben wie ein Lauffeuer und niemanden interessiert es mehr, das eigentlich gar keine zuverlässliche Quelle vorliegt.

LITERATUR

Geertz, Armin (1992) The Invention of Prophecy – Continuity and Meaning in Hopi Indian Religion, Knebel: Brunbakke Publications

Kaiser, Rudolf (1989) Die Stimme des Großen Geistes – Prophezeiungen und Endzeiterwartungen der Hopi-Indianer, München: Kösel Verlag

Waters, Frank (1980) Das Buch der Hopi – Nach den Berichten der Stammesältesten aufgezeichnet von Kacha Hónaw (Weißer Bär), Düsseldorf: Eugen Diederichs Verlag

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Niederwieser, Christof (2015) Prognostik 01: Zukunftsvisionen, Norderstedt: BoD – Books on Demand, S. 75f

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